Motorrad fahren nördlich der Metropole Frankfurt

Der Taunus, so schreibt Wikipedia, "ist ein deutsches Mittelgebirge mit dem Großen Feldberg , 881 Meter, als höchste Erhebung. Als Teil des rechtsrheinischen Schiefergebirges gehört er zu den ältesten Gebirgen Deutschlands. Die in einigen Teilen dünne Besiedelung und der Waldreichtum machen den Taunus zu einem beliebten Ausflugsziel der Rhein-Main-Region." Dass der Autor dieses Artikels kein Motorradfahrer ist, merkt man. Denn sonst hätte er hinzugefügt: " ... vor allem für Motorradfahrer." Der Taunus ist zwar nicht besonders groß, weist aber eine hohe Dichte von schmalen, verschlungenen Sträßchen auf, die sich zwischen seinen Höhen und Tälern hindurchwinden. Und das macht ihn zur perfekten Motorradregion. Die Biker aus der Rhein-Main-Gegend müssen es wissen, denn sie fahren nicht nur am Wochenende scharenweise in den Taunus. Meist visieren sie dabei ganz grob den Großen Feldberg an, auf dessen Gipfel sich nicht nur DER Motorradtreff im Taunus befindet, sondern woman auch die angeblich beste Rindsworsch Hessens bekommt. Sagen zumindest die Motorradfahrer.

Um den Wahrheitsgehalt dieser Aussage zu überprüfen, gibt es nur eine Möglichkeit: hinfahren und probieren. Wir starten zu unserer etwa 120 Kilometer langen Taunus-Runde im Städtchen Taunusstein. Wegen seines treffenden Namens und wegen des hübschen Schlosses im Stadtteil Wehen. Das frühere Jagdschloss wird heute als Museum genutzt. Vorbei an der 593 Meter hohen Hohen Kanzel fahren wir über Niedernhausen hinüber nach Eppstein, wo gleich das erste Taunus-Highlight wartet. Die Ruine der Burg Eppstein prägt den wunderschönen Altstadtkern, vom 1894 errichteten Kaisertempel aus hat man einen tollen Blick über Eppstein bis hinauf nach Bremthal. In Eppstein wenden wir uns scharf nach links und peilen Idstein an. Allmählich kommt Bewegung ins Fahrwerk. Die Kurven werden enger, die Schräglagen gewagter, die Bremspunkte kürzer. Der Aspalt ist in perfektem Zustand, der Wald dichter als dicht. Wikipedia hatte Recht. Idstein taucht auf. Sein historischer Kern ist klein, aber fein. Zum Teil aufwändig restaurierte und bemalte Fachwerkhäuser zeichnen ihn aus. Er erstreckt sich zwischen der Burg mit dem bekannten Hexenturm und dem Fachwerkbau des Hoerhofes. Gegenüber erhebt sich das prachtvolle Residenzschloss. Blinker rechts nach Waldems, dort wieder rechts nach Glashütten, Schlossborn, Fischbach und Königstein. Hier ist neben dem Wahrzeichen der Stadt, der Ruine, vor allem die reizende historische Altstadt einen Abstecher wert. Prägend für das Stadtbild Königsteins sind unter anderem die 1891 erbaute Villa Andreae, die bis 1994 Firmensitz des Millionenpleitiers Jürgen Schneider war, das Luxemburgische Schloss, heute das Amtsgericht, und die Villa Rothschild.

Grobe Richtung Schmitten. Wir kommen immer tiefer hinein in den Taunus und höher hinauf, und jetzt zeigt er uns, weshalb er bei den Rhein- Main-Bikern so beliebt ist: Kurve an Kurve, kaum Geraden, beträchtliche Höhenunterschiede. So macht Motorrad fahren Spaß. Rechts grüßt die Fernmeldeantenne des Großen Feldbergs. Geduld - bald erreichen wir sie. Vorher schlagen wir einen extrem kurven reichen Bogen über Oberreifenberg, Reichenbach, Mauloff und Treisberg, rollen erneut durch Schmitten und erklimmen nun den Feldberg quasi von hinten . Motor aus, Seitenständer raus, Helm ab und auf geht's zum Rindsworscht-Test. Man hat die Wahl zwischen zwei Imbissbuden und dem Feldberg-Restaurant. Letzteres bietet ein gemütliches Interieur, eine tolle Panoramaterterase und äußerst leckere hessische Spezialitäten . Beim Lesen der Speisekarte bekommt man überdies einen kostenlosen Hessisch- Kurs: "Flaaschkääs", "Jäscher-Schnitzel" oder "Suppedippe" stehen da.

Zurück an der Haupstraße fahren wir talwärts Richtung Oberursel und biegen dort auf die B 456 ein, die uns in sauberen, lang gezogenen Bögen nach Usingen bringt. Diese ruhige Etappe kommt genau richtig, denn unser Blut hat gerade das Gehirn verlassen und ist im Magen mit dem Verdauen der Rindsworscht beschäftigt . Usingen ist alt. Es diente schon den urzeitlichen Jägern und Sammlern als eine Art Basislager. Dann kamen die Hallstadtmenschen, die Kelten, die Germanen, die Römer und die Franken. Ab dem Jahr 1200 stand Usingen unter der Obhut des nassauischen Geschlechts. Anschauen sollte man in Usingen unbedingt seinen hübschen Markplatz mit der charakteristischen Hugenottenkirche.

Hinter Usingen rechts ab nach Heinzenberg. Eine gemütliche Landpartie. Dann Blinker links und über Winden und Rod weiter in Richtung Bad Camberg. Die letzten Kilometer dieser Etappe verschaffen Bremsen, Kupplung und Getriebe wieder Arbeit und uns eine Menge Fahrspaß. Nächster Halt Bad Camberg, in dessen Ortsteil Oberselters das bekannte Sel- Selterswasser aus der Erde tritt. Wahrzeichen Bad Cambergs ist die weithin sichtbare Kreuzkapelle auf einem Berg östlich der Stadt, Anziehungspunkt seine romantisch Altstadt mit der herrlichen Fachwerkgruppe des Amtshofes. Hinter Bad Camberg queren wir die Autobahn und läuten den Schlussakkord unserer Tour ein. Der findet zunächst auf den weiten Bögen der B 417 statt und führt schließlich auf schmalem Bauernasphalt nach Taunsstein zurück.

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